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Fälschung von Impfpässen bis zum 23.11.2021 nicht automatsch strafbar.

Aufgrund eines laufenden Verfahrens stelle ich die Entscheidung des OLG Bamberg vom 17.01.2022 vor.


Dem Beschuldigten lag folgender Sachverhalt zur Last:


"Der anderweitig Verfolgte Y, der Beschuldigte und der Mitbeschuldigte A fassten zu einem nicht mehr näher bestimmbaren Zeitpunkt, wohl Anfang November, den Plan, professionell in großem Umfang selbst hergestellte Impfpässe zu verkaufen und diese Geschäftsidee von dem anderweitig Verfolgten M zu übernehmen. Auf dieser Idee basierend agierten sie sodann gemäß dem gemeinsamen Plan als Bande zusammen, um sich durch die Beschaffung und den Verkauf von selbst hergestellten Impfpässen und jeweils zwei selbst eingetragenen SARS-COV-2 bzw. Covid-19-Impfungen („Corona-Impfungen“) eine erhebliche gewinnbringende Einkommensquelle von längerer Dauer und einigem Umfang zu verschaffen:

Der anderweitig Verfolgte Y und der Beschuldigte bestellten jeweils Blanko-Impfausweise wohl bereits mit Arztstempeln versehen, füllten sodann händisch jeweils zwei beliebige Impfdaten aus dem Sommer 2021 ein, beklebten diese sodann jeweils mit 2 angekauften oder selbst hergestellten Aufklebern mit sogenannten Chargen-Nummern von vermeintlichen Impfstoffen mit der Bezeichnung „COMIRNATY Ch.-B. FA5833 und COMIRNATY Ch.-B FC1440“ und unterschrieben auf dem Stempel mit selbst angebrachter nicht leserlicher Unterschrift. Dies taten sie in dem Wissen, dass gerade kein Arzt die Ausweise ausstellte und dass der Ankäufer nicht der geimpfte Inhaber des Ausweises war. Der Ankäufer musste dann nur noch selbst einen Namen auf der Vorderseite des Passes eintragen. Der Beschuldigte A übernahm innerhalb der Gruppierung insbesondere Kurierdienste. Die Tätergruppierung agierte und verkaufte aus reiner Gewinnerzielungsabsicht in dem Bewusstsein, dass der Käufer des Passes damit vortäuschen würde, dass er zweifach gegen SARS-COV-2 bzw. Covid-19 durch einen Arzt gekämpft sei und damit in der aktuellen „Corona-Pandemie“-Situation als vollständig gekämpft gälte.


Am 11.11.2021 gegen 16:10 Uhr verkaufte der anderweitig Verfolgte Y einen auf diese Weise hergestellten Impfpass für 150 € dem gemeinsamen Plan entsprechend in der C-Straße an einen verdeckten Ermittler der Polizei und bot weitere Impfpässe an. Daraufhin wurde ein weiterer Verkauf von 70 Impfpässen vereinbart und fand am 17.11.2021 gegen 15:15 Uhr zum Preis von 6.500 € erneut in der C-Straße an einen verdeckten Ermittler der Polizei statt. Dabei bot der anderweitig Verfolgte Y den Verkauf von weiteren 100 Impfpässen an.


Im Zuge dieses Verkaufs fand der Zugriff der Polizei und die Festnahme der 3 Täter sowie die Sicherstellung der gefälschten Impfpässe statt.“


Diesbezüglich stellte das OLG fest, dass:


1. Der Verkauf der Blankett-Impfausweise an einen verdeckten Ermittler erfüllt nicht den Tatbestand der Fälschung von Gesundheitszeugnissen nach § 277 StGB in der bis 23.11.2021 geltenden Fassung.

a) Ein Impfausweis stellt, wie das Landgericht zutreffend ausführt, grundsätzlich ein Gesundheitszeugnis im Sinne des § 277 StGB a.F. dar. Gesundheitszeugnisse sind körperliche oder elektronisch fixierte Aussagen über die körperliche oder psychische Gesundheit oder Krankheit eines (lebenden) Menschen. Diese können den gegenwärtigen Befund betreffen, aber auch frühere Krankheiten und deren Folgen (Fischer StGB 68. Aufl. § 277 Rn. 3 m.w.N.). Darunter fällt auch der Impfausweis, da die Impfung eine Information über die voraussichtlich gesteigerte Immunabwehrkraft als Aspekt des Gesundheitszustandes impliziert und der Impfausweis Informationen über die Existenz bestimmter körperbezogener Umstände enthält, die auf den Gesundheitszustand dieses Menschen mehr oder weniger Einfluss ausüben müssen oder können (vgl. LG Osnabrück, Beschluss vom 26.10.2021 -3 Qs 38/21 bei juris).


b) Blankett-Impfausweise sind allerdings keine Gesundheitszeugnisse. Sie enthalten keine Aussage über den Gesundheitszustand eines konkreten individualisierbaren Menschen.


2. Das Dokumentieren einer nicht durchgeführten Schutzimpfung in einem Blankett-Impfausweis ist schon deshalb nicht als Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB strafbar, weil § 277 StGB in der bis 23.11.2021 geltenden Fassung nicht nur im Falle des Gebrauchs gefälschter Impfzeugnisse im privaten Rechtsverkehr einen Rückgriff auf § 267 StGB sperrte, sondern eine abschließende spezialgesetzliche Regelung des Echtheits- und Wahrheitsschutzes für ärztliche Gesundheitszeugnisse darstellte , welche gegenüber der allgemeinen Vorschrift des § 267 StGB eine Sperrwirkung entfaltet Ob ein manipulierter Blankett-Impfausweis nach allgemeinen Regeln überhaupt eine Urkunde darstellt und das Verhalten der Beschuldigten seit dem 24.11.2021 als (ggf. bandenmäßige) Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 4 StGB), als Versuch der Urkundenfälschung (§§ 267 Abs. 2, 22 StGB) oder als Verabredung eines Verbrechens der bandenmäßigen Urkundenfälschung (§§ 30 Abs. 2, 267 Abs. 4 StGB) strafbar wäre, kann dahinstehen, da gemäß Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB eine Tat nur bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.


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