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Überlange Bearbeitungszeiten im Einbürgerungsverfahren – zwei aktuelle Entscheidungen bestätigen: Personalmangel schützt Behörden nicht

  • Autorenbild: RABotor
    RABotor
  • 21. Nov.
  • 2 Min. Lesezeit

1. Einleitung: Das Dauerproblem der Einbürgerungsbehörden


In den letzten Jahren haben sich die Bearbeitungszeiten in Einbürgerungsverfahren massiv verlängert. Viele Antragsteller warten nicht nur Monate, sondern teils deutlich über ein Jahr auf eine Rückmeldung. Die Einbürgerungsbehörden verweisen häufig auf Personalmangel, hohe Antragszahlen oder interne Umstrukturierungen.

Juristisch stellt sich die Frage: Kann die Behörde ihre Untätigkeit damit entschuldigen? Zwei aktuelle Entscheidungen – das VG Weimar (Urt. v. 11.06.2024 – 1 K 135/24 We) und das OVG NRW (Beschl. v. 25.09.2025 – 19 E 359/25) – geben hier eine klare Antwort: Nein.


2. Rechtlicher Rahmen: § 75 VwGO


Nach § 75 VwGO darf die Behörde über einen Antrag nicht „ohne zureichenden Grund“ über lange Zeit untätig bleiben. Zentral ist also die Frage, was ein zureichender Grund ist.

Die Rechtsprechung betont seit Jahren: Interne Probleme, Arbeitsüberlastung oder Personalmangel sind keine zureichenden Gründe, weil sie in die Organisationsverantwortung der Verwaltung fallen.

Bereits das VG Braunschweig (Urt. 08.09.2014 – 8 A 618/13) stellte klar:

“Ein struktureller Bearbeitungsrückstand ist kein sachlicher Grund für die Nichtbearbeitung von Anträgen.”

Diese Grundlinie wird nun durch neuere Entscheidungen bestätigt.


3. Entscheidung VG Weimar – 1 K 135/24 We (2024)


Das Verwaltungsgericht Weimar entschied am 11.06.2024, dass eine Einbürgerungsbehörde sich nicht auf Arbeitsüberlastung berufen kann, um die monatelange Verzögerung eines Einbürgerungsverfahrens zu rechtfertigen.


Wesentliche Punkte:


  • Hohe Arbeitslast ist ein behördeninternes Organisationsproblem.

  • Der Bürger hat einen Anspruch auf zeitnahe Bearbeitung seines Antrags.

  • Die Behörde darf die gesetzliche Entscheidungspflicht nicht durch pauschale Überlastungsargumente suspendieren.

Das Gericht stellte unmissverständlich fest:

Die Verwaltung muss sich so organisieren, dass gesetzliche Fristen und Verfahrensabläufe eingehalten werden können.

4. Entscheidung OVG NRW – 19 E 359/25 (2025)


Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen bekräftigte diese Linie explizit für Einbürgerungsverfahren.


Kernaussagen:

  • Dauerhafte Überlastung ist kein zureichender Grund im Sinne des § 75 VwGO.

  • Personalmangel fällt vollständig in den Verantwortungsbereich der Behörde.

  • Die Untätigkeitsklage ist zulässig und regelmäßig begründet, wenn Behörden über längere Zeit nicht entscheiden.


Das OVG NRW stellte klar:

Verwaltungsmängel dürfen nicht zulasten der Antragsteller gehen.

Damit liegt nun eine obergerichtliche Bestätigung vor, die für die Praxis der Einbürgerungsverfahren besonders relevant ist.


5. Bedeutung für die Praxis


a) Für Antragsteller

  • Untätigkeitsklagen haben zunehmend sehr gute Erfolgsaussichten.

  • Die Rechtslage ist klar: Einbürgerungsbehörden müssen entscheiden – unabhängig von ihrer Personallage.

  • Pauschale Hinweise wie „Wir haben viel zu tun“ reichen rechtlich nicht.


b) Für die Behörden

  • Der Druck steigt, strukturelle Defizite zu beseitigen.

  • Gerichte akzeptieren keine organisatorischen Ausreden mehr.


6. Fazit


Die beiden Entscheidungen sind ein deutlicher Fingerzeig an alle Einbürgerungsbehörden in Deutschland: Die Verwaltung hat ihre Verfahren so zu organisieren, dass Einbürgerungsanträge innerhalb angemessener Zeit entschieden werden. Arbeitsüberlastung oder Personalmangel sind keine legitimen Gründe für monatelange Untätigkeit. Für Betroffene eröffnet dies einen wirkungsvollen Rechtsweg, um endlich Klarheit zu erhalten.

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